Dienstag, 29. November 2011

Don't drink and fry

Nachdem wir eine Woche lang auf der Plantage geschuftet hatten, waren wir zu Recht der Meinung, wir hätten uns eine Pause verdient. Also legten wir noch eine Woche in Tauranga ein, in der wir nur eine einzige Sache vorhatten: zu faulenzen. Das haben wir auch ziemlich gut durchgezogen.

Unsere sportlichste Tätigkeit während dieser Zeit war eine Runde Beer-Pong, die wir leider fulminant verloren haben. Wer es nicht kennt: Man wirft mit Tischtennisbällen und versucht dabei, damit in die Bierbecher der gegnerischen Mannschaft zu treffen.
Unsere beiden Mannschaften schieden sang- und klanglos in der ersten Runde aus, doch zum Glück entpuppte sich mein Teamkollege als der Retter in der Not: Weil ein anderer Teilnehmer einen Mitspieler brauchte, half Stefan ihm aus und führte – oder wurde geführt – die Mannschaft souverän zum Sieg. Womit wieder mal bewiesen wäre, dass man auf die setzen sollte, von denen man es am wenigsten erwartet. Er gewann einen 50 Dollar-Bargutschein, den er brüderlich mit uns teilte.

Und so war der Abend gerettet, denn beim Feiern ist Neuseeland vor allem eins: teuer. Ich dachte ja, die Alkoholpreise in Schweden wären hoch, aber das sind Schnäppchen im Vergleich zu Neuseeland. Ein Beispiel: Für den Geburtstag eines Mitbewohners wollten wir eine Flasche Captain Morgan im örtlichen Schnapsladen besorgen und mussten dafür unvorstellbare 50 Dollar hinblättern. Wer möchte, kann das jetzt mal im Währungsrechner eingeben und sich ein bisschen wundern.

Wir wissen nicht genau, woran das liegt, aber man munkelt, dass die Neuseeländer anscheinend ein immenses Alkoholproblem haben. Auf jeden Fall scheinen sie zu glauben, jedes Problem mit Werbung im Fernsehen lösen zu können: Ständig laufen Spots gegen häusliche Gewalt und übermäßigen Alkoholgenuss; eindringlich bis erschreckende Filmchen warnen davor, die Pfanne unbeaufsichtigt auf dem Herd zu lassen. Nicht trinken und fahren? Ein Klassiker, doch der ist nichts gegen den hier vorherrschenden Leitspruch: Don't drink and fry. Bloß nicht trinken und frittieren!

Außerdem bin ich für einen Tag nach Mittelerde gereist, genauer gesagt: Ins Auenland. Das Filmset für Hobbingen aus dem Herr der Ringe-Film steht nämlich immer noch und ist für Besucher geöffnet. Eigentlich wollte ich da gar nicht hin, weil ich viel negatives gehört hatte - überteuert und das Geld nicht wert. Wir hatten aber Glück, weil erst vor einer Woche die Dreharbeiten zum Film "Der kleine Hobbit" beendet worden waren. Dafür sind sämtliche Hobbithäsuer neu überarbeitet worden - und die Reise war den Einritt, das Mietauto und das Benzin ja so was von wert! Leider darf ich keine Fotos posten, weil mich New Line Cinema sonst verklagt. Musste sogar eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben, ziemlich krass. Aber für ein paar Stunden habe ich mich nach Mittelerde versetzt gefühlt.

Nach einer wundervollen Woche des Nichtstuns sehnten wir uns aber bald nach Action und beschlossen, weiter zu reisen. Jan, der mit uns auf der Kiwiplantage gearbeitet hat und behauptet, dass nicht ich, sondern er der einzig wahre Käptn sei (das muss noch geklärt werden), schloss sich uns an und gemeinsam reisten wir nach Rotorua. Das ist eine Stadt voller geothermaler Aktivität, will sagen: Beim Spaziergang durch den Park ist man umgeben von blubberndem Schlamm, dampfenden Tümpeln und Rauch, der aus der Erde kommt. Außerdem stinkt die ganze Stadt nach Schwefel.

Weil es dort außerdem kaum etwas gibt, dass nichts oder wenig Geld kostet, sind wir ziemlich schnell wieder weiter gereist. Als nächstes fuhren wir nach Gisborne. Das liegt an der Ostküste und ist die Stadt mit den meisten Sonnentagen (angeblich) und außerdem die Stadt, in der als erstes auf der Welt die Sonne aufgeht.

Dort wollten wir uns ein Auto mieten und die Küste entlang fahren. Leider war in ganz Gisborne kein billiges Auto aufzutreiben, weswegen wir schließlich mit einem ziemlich fetten Vehikel loszogen, das sicher nicht allzu oft von Backpackern gefahren wird. Die Strecke selbst war wunderschön. Das Meer überrascht hier immer wieder mit neuen Farben, die sich nicht auf Fotos festhalten lassen. Dazu grüne Hügel voller obligatorischer Schafe und dahinter aufragende Berge, auf denen die hier vorherrschende Mischung aus Nadelwald und tropischen Farnen wächst.

Faszinierend ist das einzige Wort, was das halbwegs angemessen beschreibt. Die Straße selbst war ziemlich eng und unendlich kurvig. Dazu der Linksverkehr und die Automatikschaltung nahm mir etwas die Freude am Autofahren, aber wer will sich schon beschweren, wenn die Ausblicke so grandios sind.
Ich badete außerdem zum ersten Mal im Pazifik, an einem menschenleeren Strand. Ungefähr so habe ich mir diesen Trip vorgestellt.

Momentan sind wir in Napier, einer etwas kitschigen Stadt voller Art-Deco-Häusern in Pastellfarben. Wir leben in einem ehemaligen Pferdestall, der zum Hostel umgebaut wurde und nur eine Querstraße vom Ozean entfernt ist. Ich könnte mich definitiv daran gewöhnen, immer das Meer vor der Nase zu haben, keine Frage – aber, um ehrlich zu sein, ich werde hier das erste Mal auf meinen Reisen von Heimweh geplagt, so sehr ich Neuseeland auch genieße. Alle, die insgeheim fürchten, ich könnte nicht zurückkommen, dürfen also beruhigt sein.






1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

hey krissi!
das mit dem heimweh hör ich doch gern...hehehe! ich gehörte zu denen, die dachten, du kommst vllt nicht zurück. das hört sich mal wieder alles total beneidenswert an. hier regnets und ist kalt, also typisch...
liebe grüße, jule