Dienstag, 24. Januar 2012

Master der Fritteuse

Und nach monatelangem Suchen und Umherirren kann ich vermelden, endlich im Paradies angekommen zu sein.
Es war eher Zufall, der mich hierher verschlagen hat: Ich war wieder einmal auf Jobsuche, die eher ergebnislos verlaufen ist. Im Geiste hatte ich mich schon auf eine neuerliche Erfahrung als Plantagensklave eingestellt, als ich mich, mehr auf gut Glück, online für eine Stelle als Rezeptionist in einem Hostel bewarb. Zu meiner eigenen Überraschung bekam ich schon zwei Tage später eine Zusage.

Ich machte mich also nach Akaroa auf. Das ist eine Kleinstadt am Meer, auf einer Halbinsel circa 80km von Christchurch entfernt. Allein schon die Fahrt hierher war ein Erlebnis: Vorbei an den grünen, schroffen Hügeln erloschener Vulkane kurvte der Fahrer des monströsen Gelenkbusses mit standesgemäßer Ignoranz über die enge, kurvige Straße. Schon als ich Akaroa vom Kamm der Hügelkette, die es umschließt, das erste Mal gesehen hatte, habe ich mich in den Ort verliebt. Ein süßes, kleines Kaff voller netter Einwohner, Reisender und Möglichkeiten.

Akaroa ist eine ehemalige französische Siedlung, weswegen die Straßennamen französisch sind und die meisten Restaurants zumindest so tun als ob. Sie liegt geschützt in einer Bucht, so dass es im Vergleich zum restlichen Neuseeland unheimlich windstill ist. Das Meer hat wie gewohnt eine unglaublich schöne türkise Farbe und allgemein sieht alles um mich herum einfach nur wundervoll aus.

Auch das Hostel ist an Schnuckelligkeit nicht zu übertreffen - ein rosa Holzhäuschen mit tollem Garten. Hier arbeite ich am Wochenende als Rezeptionist, was bedeutet, dass ich ans Telefon gehe, Buchungen annehme, Leute einchecke, morgens die Betten mache und mich um die Wäsche kümmere. Klingt nach viel Arbeit, aber im Endeffekt bin ich nur von zehn bis zweölf wirklich beschäftig. Danach klingelt ab und an das Telefon und ich muss im Laufe des Tages ein paar Gäste begrüßen - die restliche Zeit sitze ich in der Sonne und arbeite an meiner Bräune.
Für diese Arbeit bekomme ich kostenlose Unterkunft und 50 Dollar. Mein Plan war, mir noch einen bezahlten Job zu suchen - ich war kaum eine halbe Stunde in Akaroa, als ich bereits einen gefunden hatte.

Den Rest der Woche arbeite ich also als Mädchen für alles in einem Cafe. Das ist ziemlich klein und jeder ist für alles zuständig. Ich mache also den Abwasch, serviere, nehme Bestellungen entgegen und verbringe viel, viel Zeit vor der Fritteuse damit, Fish + Chips zu fabrizieren. Morgen lerne ich auch noch, das Monstrum von einer Kaffeemaschine zu bedienen, dann darf ich mich offiziell "Barista" nennen.

Am Anfang war das alles ziemlich überwältigend, aber mittlerweile macht die Arbeit richtig Spaß. Ich habe nette Kollegen und bekomme vor allem ziemlich viel umsonst: Kaffee soviel ich will, einen Softdrink, eine Mahlzeit am Tag und ein alkoholisches Getränk nach dem Ende meiner Schicht. Außerdem bin ich eigentlich ständig nebenbei am Reste essen... Mal sehen, ob das meiner Backpackerdiät nicht den Todesstoß versetzt^^
Einziger Nachteil: Nach jeder Schicht rieche ich, als wäre ich in die Fritteuse gefallen.

Das alles hat zur Folge, dass ich hier kaum Geld ausgebe. Unterkunft ist umsonst und Essen brauche ich auch kaum, weil ich im Cafe so vollgestopft werde. Und so viel ist in Akaroa auch nicht los, als dass man hier sein Geld aus dem Fenster werfen könnte. Ist also perfekt zum Sparen und Geld verdienen - und das in einer wunderschönen Umgebung. Das Cafe liegt direkt am Strand un jeden einzelnen Abend kann ich mit Blick auf Berge und Meer einen spektakulären Sonnenuntergang beobachten.


Ich bin ziemlich froh, nach dem ganzen Herumreisen endlich wieder einen Ort zu haben, an dem ich eine Weile bleiben kann. Ein Mitreisender hat es letztens ganz treffend beschrieben - wenn man zu lange unterwegs ist, wird man so sehr von neuen Eindrücken und Impressionen überschwemmt, dass man sie irgendwann nicht mehr wirklich genießen kann. Genau so ging es mir in letzter Zeit. Ich habe gemerkt, dass ich nicht gerne länger als zwei Monate am Stück herumreise. Lieber entdecke ich ein Land, indem ich dort lebe: Eine Arbeit und irgendwo einen Ausgangspunkt habe, von dem aus ich alles erkunden kann. So wie damals in meinem Auslandssemester in Schweden. Wieder etwas gelernt.

Akaroa gefällt mir unheimlich gut, das ist definitiv ein Ort, an dem man bleiben könnte. Für länger, für immer. Aber keine Sorge - ihr fehlt mir alle viel zu sehr, als dass ich hier bleiben würde. Ich plane meine Heimkehr für Mitte April, genaueres weiß ich in ungefähr einem Monat.


Random Facts:
Ein Mitreisender hat mir von folgender Theorie erzählt: Angeblich gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Typen, was uns nur nicht auffällt, weil wir meistens nicht mit so vielen verschiedenen Menschen zu tun haben. Die Theorie hat ihre Lücken, doch in Neuseeland treffe ich tatsächlich ständig auf Menschen, die mich vermeintlich an irgendjemanden erinnern. Und so sitzt momentan Oskar Lafontaine in Gestalt eines alten Iren abends neben mir am Esstisch, den Daniel habe ich auch schon getroffen - und natürlich würde das auch den Helmut erklären, der uns damals am Hot Water Beach begegnet ist. Vielleicht ist das aber auch nur ein Fall für X-Faktor: Das Unfassbare... *hier mystische Musik einblenden*.


Momentan der Hit Neuseeland: The Remote Control Flying Shark. Bekannt aus der Werbung einer Bank war der mit Helium gefüllte Luftballon, der mit einer Steuerungseinheit und Fernbedienung versehen wurde, der Renner bei den Weihnachtsgeschenken. Als dann eines schönen Feiertages ein Flugzeugpilot in den Tower von Christchurch funkte, dass ihm beim Landeanflug soeben ein fliegender Hai begegnet war, machte es das Gerät endgültig zu Kult.