Donnerstag, 22. Dezember 2011

Vom Glück, am richtigen Ort zu sein

Nach langer Abwesenheit hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir.
Falls es bis in die deutschen Nachrichten durchgedrungen ist: Es gab wieder ein Erdbeben in Christchurch von der Stärke 5.8. Ich bin nicht dort, sondern nördlich davon in Kaikoura und habe vom Beben nichts mitbekommen.
Die Sache hätte aber knapper nicht sein können - eigentlich war ich fest entschlossen, Weihnachten in Christchurch zu verbringen um dann direkt dort mit der Jobsuche anfangen zu können, aber weil mir Kaikoura so gut gefällt, sind wir geblieben - andernfalls wären wir seit gestern in Christchurch gewesen und hätten heute eine ganz neue Erfahrung in Sachen Panik gemacht.
Die Vorstellung finde ich schon ein bisschen krass...

Vielleicht ist das ja mein diesjähriges Weihnachtswunder.
Kaum zu glauben, dass in ein paar Tagen Weihnachten ist – richtige Stimmung kommt hier am Strand nur schwer auf. Die Kiwis sind keine Freunde von extensiver Weihnachtsbeleuchtung und -dekoration, ein Glück. Doch weil das Wetter natürlich auch nicht zu vorweihnachtlicher Besinnlichkeit passt, neigt man hier dazu, die Existenz dieses Feiertags zu vergessen. Das ist aber vermutlich kein Fehler – mich plagt immer noch Heimweh, was an Weihnachten vermutlich seinen Höhepunkt erreichen dürfte. Ich werde das Beste darauf machen, auf Sonne hoffen und den Tag am Strand verbringen, aber trotzdem, allein die dreitägige Non-Stop-Schlemmerei werde ich extrem vermissen, denn die ist im momentanen Budget nicht drin.

Was mich zum nächsten Punkt bringt: Das leidliche Thema Gewicht. Die meisten weiblichen Backpacker klagen hier über neu dazugewonnene Speckrollen und unpassende Hosen, ständig kann man den sogenannten Muffin-Look beobachten: Zu enge Hosen quetschen alles, was nicht mehr hineinpasst, über den Rand hinaus – wie bei Muffins eben. Mich plagt das Gegenteil, alle meine Hosen sind mir viel zu weit. Ich habe mindestens fünf Kilo abgenommen. Genau lässt sich das nicht sagen, weil Waagen in den Hostels nicht sehr weit verbreitet sind.

Ich werde das als die „Backpacker-Diät“ vermarkten, sie funktioniert ganz einfach:
- Man schleppe jeden zweiten Tag (Durchschnittswert) 20 Kilo Gepäck auf dem Rücken umher
- am billigsten lässt sich jede Stadt zu Fuß erkunden, also läuft man und läuft und läuft...
- weil das Budget knapp ist, wird Süßkram rationiert, genau wie Fertigessen. Stattdessen gibt es Gemüse, Gemüse, Gemüse und morgens aufs Brot Avocado mit Salz. Die sind nämlich bezahlbar, im Gegensatz zu Käse und Wurst
- getrunken wird Leitungswasser, ist am billigsten


das Gepäck

Auch die Aktion "so braun wie nie zuvor werden" läuft gut. Hier in Neuseeland beweise ich mir selbst, dass meine Haut doch nicht so sonnenresistent ist wie gedacht. Es braucht nur ein bisschen Ozonloch und extreme Sonneneinstrahlung, dann bekomme selbt ich Farbe! Ein Nebeneffekt sind allerdings unzählige Sommersprossen im Gesicht, auf den Armen und den Schultern, aber die halten sich zum Glück farblich zurück.
Mein Bräunegrad dürfte zwar Extremen wie Daniel und Huda nur ein müdes Lächeln entlocken, aber mich freut es trotzdem. Wahrscheinlich könntet ihr Beide selbst jetzt eure winterblassen Arme neben mich halten und würdet mich trotzdem noch schlagen - aber man kann halt nicht alles haben!

Dann lasst mich mal kurz erzählen, was ich zwischenzeitlich alles erlebt habe.

Nach Napier sind wir wieder ein Stück nach Norden gefahren, ins Herz der Nordinsel: Nach Taupo. Das liegt ausnahmsweise mal nicht am Meer, aber Wasser ist auch hier nicht weit. Der Lake Taupo ist ein riesiger Vulkankegel, der sich mit Wasser gefüllt hat. Leider wendete sich das Wetter ab diesem Zeitpunkt gegen uns und es hat wochenlang nur geregnet. Das schränkt einen natürlich etwas ein wenn man vor allem Outdooraktivitäten geplant hat.

Auch Wellington hat sich deshalb nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt, obwohl die Stadt an sich wirklich schön ist. Aber bei Regen macht halt auch Sightseeing nicht so viel Spaß. Danach war es Zeit, die Nordinsel hinter sich zu lassen. Die Überfahrt auf die Südinsel dauert um die drei Stunden und man soll dabei einen tollen Blick auf die Küste haben – tja, wenn es nicht regnet und der Nebel alles einhüllt. Aber ich werde ja nicht darum herumkommen, diese Fahrt auf dem Rückweg noch einmal zu machen, vielleicht habe ich ja dann mehr Glück.
Das Wetter wurde nach der Überfahrt langsam besser – es regnete zumindest nicht mehr, auch wenn die Wolkendecke selten aufriss. Die erste Stadt auf der Südinsel, Picton, war trotzdem schön. Sie liegt umgeben von grünen Bergen in einer verwinkelten Bucht und die Regenwolken, die zwischen den Bergen hindurch ziehen, verleihen ihr etwas mystisches.

Weil das Hostel so gemütlich war, sind wir länger geblieben als geplant – die gemütlichsten Bettbezüge der Welt und jeden Abend umsonst Schokokuchen mit Eis gaben den Ausschlag. Nach drei Monaten als Backpacker weiß man das zu schätzen.



Nach ein paar Tagen ging es trotzdem weiter nach Kaikoura. Hier treffen ein paar interessante Dinge aufeinander: Berge (richtig hohe) auf Meer auf Unterwassergraben. Das macht die Gegend zum einen landschaftlich interessant, zum anderen hat man hier die Möglichkeit, ganz nah an der Küste die verschiedensten Tiere beobachten zu können. Neben einer Seelöwenkolonie und verschiedenen Delfinarten kann man hier Walen begegnen.

Dabei wird man von einem grinsenden Maori in einem Boot in freizeitparkwürdiger Geschwindigkeit aufs Meer hinausgeschippert. Mit einem Hydrophon wird dann nach Walgesängen gelauscht und wenn man einen gefunden hat, fährt man ihm nach bis er auftaucht. Und so kamen wir in den Genuss, den sogenannten Great Sperm Whale zu erblicken - oder zumindest seinen Rücken und seine Flosse. Ja, er heißt wirklich so. Die namensgebenden Walfänger fanden nämlich eine große Menge weißer Flüssigkeit im Kopf des ersten erlegten Wals, und es stellte sich erst einiges später heraus, dass dies nicht wie gedacht Sperma war. Auf deutsch ist damit übrigens der Pottwal gemeint.



Wir bleiben jetzt noch über Weihnachten in Kaikoura. Wenn die Sonne scheint, ist es hier nämlich wirklich wunderschön, auch wenn die Stadt keinen guten ersten Eindruck gemacht hat. Bei der Ankunft hier verschluckten die Wolken nämlich sämtliche Berge, was die Gegend ziemlich unspektakulär erscheinen lässt. Aber bei gutem Wetter ist es schwer, den Mund wieder zu zu kriegen – ich zeig euch mal, was ich meine:










Der Blick aus unserer Tür


Kaikoura ist Heavy Metal - schwarzer Sand!

Ich würde sagen, der Plan, Weihnachten am Stand zu verbringen, geht voll auf!

Übrigens: Jule, hast du schon gesehen, dass Tenacious D zu Rock im Park kommt? Ich bin ja sowas von dabei^^
Falls du wieder billige Karten bekommst, wär super, wenn du mir eine mit besorgen könntest!


Nachtrag: Und während ich das schreibe, wackelt die Veranda. Nur ganz leicht, wie auf einem Boot bei leichtem Wellengang. Die Hostelbesitzerin bestätigt mir, dass das ein Erdbeben war, aber weiter beeindruckt ist sie nicht. Kein Wunder, sie ist Japanerin...